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Insider: Fujifilm X-H2 auseinander gebaut und zerlegt
Im Herbst 2022 wurde mit der X-H2 von Fujifilm die erste Kamera mit dem neuen X-Trans CMOS 5 HR Sensor vorgestellt. Dieser Sensor hat eine effektive Auflösung von 40 Megapixeln und ist damit führend im APS-C Segment. In Kombination mit dem neuen X-Prozessor 5, welcher eine moderne Motiverkennung und Videoaufnahmen bis zu 8K RAW ermöglicht, ist diese Flaggschiff Kamera an Profis und Enthusiasten gerichtet. Nach einem gründlichen Blick unter die Haube kann man die Konstruktion dieser Kamera wie folgt zusammen fassen: Wäremableitung und Hitzemanagment. Doch wie schlägt sie sich in der Infrarot Fotografie?
Auseinanderbauen und Zerlegen der X-H2
Äußerlich sind relativ wenige Schrauben am Gehäuse zu erkennen. Wie auch schon bei anderen Fuji Kameras, sind die üblichen Verdächtigen aber schnell gefunden. Starten wir am Boden – hier gibt es keine Überraschungen und alles ist offen und zugänglich.
Rund um das Gehäuse sind ein paar Schrauben zugänglich, viele aber auch unter der Gummierung versteckt.
Nachdem die Schrauben gelöst sind, kann der Boden entfernt werden und gibt den ersten Blick auf das Innenleben preis. Das erste was auffällt, ist eine große Aluminiumfläche rechts neben dem Stativgewinde. Diese Fläche ist über ein Wärmeleitpad mit dem Boden verbunden, um Hitze aus dem Inneren abzuleiten.
Hinter dem Display ist neben 2 Gewindelöchern und einer elektrischen Schnittstelle nicht viel zu sehen. Diese Anschlüsse sind für den optionalen Lüfter, “FAN-001” welcher die Rückseite der Kamera aktiv kühlen kann. Ein paar weitere Schrauben sind unter einer dicken Folie auf der Rückseite zu finden (eine Design-Entscheidung, die irgendwie sehr an die Zeit der X-A1 erinnert). Nachdem die letzten Schrauben entfernt sind, kann das Rückteil samt Klappdisplay ausgebaut werden und gibt den Blick auf das Mainboard frei.
Auf der Innenseite des Rückteils finden sich dann eine große Aluminiumplatte, welche für die Wärmeableitung zuständig ist. Über Wärmeleitpads wird die Abwärme diverser Komponenten des Mainboards, allem voran die Abwärme des Prozessors, direkt in diese Platte eingeleitet und verteilt. Über die Rückseite hinter dem Display (Stichwort “FAN-001”) und den Boden kann diese Wärme dann an die Umgebung abgeführt werden.
Als Nächstes muss das Oberteil samt Sucher weichen. Über 3 Kabel sind alle Bildschirme und Knöpfe des oberen Kameragehäuses mit dem Mainboard verbunden. Auch hier ist eine kleine Kupferkontaktfläche und Wärmepad auffällig. Später wird klar woher hier die Wärme kommt: Direkt vom Sensor wird die Hitze in den oberen Gehäuseteil vor dem Sucher geleitet.
Die beiden Kartenschächte (SD- und CFexpress) haben eine eigene kleine Platine, welche zuerst ausgebaut werden muss, mit nur 3 Schrauben ist das schnell erledigt. Dieses Design-Element wurde von der X-T4 übernommen, nur dass es dort 2 SD Kartenschächte sind.
Als nächstes muss das Mainboard der Kamera weichen. Neben einigen Kabeln auf der Oberseite und einer Hand voll Schrauben sind auch ein paar Kabel abzulöten. Ähnlich wie bei der X-T4 befinden sich auf der Unterseite noch weitere Kabel, die vorsichtig gelöst werden müssen.
Bei einem näheren Blick auf das ausgebaute Mainboard der X-H2 sind unzählige SMD Bauteile, sowohl auf der Oberseite als auch der Unterseite zu erkennen. Bei den Features, die solch eine kleine Kamera zusammen packt, ist das auch kaum verwunderlich. Etwa in der Mitte des Boards ist der neue X-Prozessor 5 platziert, was hier auffällt ist seine Platzierung leicht oberhalb des Boards. Er scheint auf einem kleinen Sockel fast schwebend über den anderen Bauteilen installiert zu sein. Ob das wegen der Hitzeentwicklung so designt wurde, oder ganz andere Hintergründe hat, kann nur spekuliert werden. Auf jeden Fall ist der Prozessor flächig mit einem Wärmeleitpad bedeckt und stellt so die bereits angesprochene Verbindung zur Rückplatte der Kamera her.
Zurück zur Kamera: Direkt unter dem ausgebauten Mainboard befindet sich eine weitere Aluminiumplatte mit großflächigen Wärmeleitpads. Dieser Mittelrahmen hat wohl nicht nur zur Aufgabe der Kamera mechanische Stabilität zu verleihen, sondern nimmt auch die Abwärme der SMD Bauteile auf der Mainboardunterseite auf und leitet diese ab. Interessanterweise sei auch noch die Miniplatine auf der linken Seite erwähnt. Hier sind die Mikrofon- und Kopfhörerbuchse integriert. Viele Hersteller bauen diese mittlerweile in höherwertigen Kameras auf separate kleine Platine statt sie direkt auf dem Mainboard zu integrieren. Ich kann nur spekulieren, aber vermutlich ist das Rauschverhalten etwas besser wenn diese Anschlüsse klarer vom Rest der Elektronik abgegrenzt sind.
Gleich unter dem Mittelrahmen zeigt sich nun die IBIS Einheit mit dem neuen X-Trans 5 HR Sensor. Neben der Verschlusssteuerung und dem Akkufach ist deutlich erkennbar wie viel Platz dieses Bauteil in der Kamera einnimmt. Das Modul ist mit 3 Schrauben relativ schnell und unkompliziert ausgebaut.
Bevor wir uns dem Sensor zuwenden noch ein schneller Blick auf den darunter liegenden Verschluss. Der ganze Verschlussmechanismus ist umlaufend mit kleinen Federn gelagert und hat keinen direkten Kontakt zum Gehäuse. Das war schon bei der X-H1 so und wurde bei der X-H2 übernommen. Im Vergleich zu anderen Kameras wie der X-T3 oder X-T4 erklärt das auch warum der Verschluss der Kamera verhältnismäßig leise arbeitet und dieses ganz besondere, gedämpfte Geräusch hat.
Zurück zum Sensor: Das IBIS Modul besteht aus einem massiven Edelstahl Chassis, auf dem mehrere sehr starke Dauermagnete (vermutlich Neodym) angebracht sind. In diesem Konstrukt ist der Sensor beweglich auf einer Metallplatte gelagert, auf der sich diverse Kupferspulen befinden – das sind Elektromagnete. Durch die gezielte Ansteuerung der Elektromagnete kann der Sensor extrem präzise in 5 Achsen bewegt und platziert werden. Laut Fujifilm kompensiert die Sensorstabilisierung nicht nur bis zu 7 Blendenstufen, sie kann den Sensor auch pixelgenau für die “Multi Shift Pixel Aufnahme” platzieren. Durch Kombination von 20 einzelnen Aufnahmen kann damit eine Auflösung von 160 Megapixeln erreicht werden.
Bei den ganzen Pixeln ist natürlich klar, dass auch auf dem Sensor einiges an Wärme entstehen muss. Über eine filigrane Ableitung wird diese Wärme direkt auf der Rückseite des Sensors abgegriffen und auf ein Kupferblech auf dem Edelstahl Chassis geleitet. Wir hatten zu Anfang schon gesehen, dass das Kupferblech Kontakt zum oberen Gehäuseteil herstellt. Ein Teil der Wärme kann also recht effizient nach außen geführt werden, solch eine Konstruktion habe ich bisher bei keinem anderen Hersteller gesehen.
Nun aber zurück zum eigentlichen Zwecke dieser Übung: Der Sperrfilter vor dem Sensor soll durch einen 280 nm Vollspektrum Filter ersetzt werden. Wie bei praktisch allen modernen Fuji Kameras besteht der Filterstack vor dem Sensor aus 2 Gläsern. Das oberste Glas ist mit einem Piezoelektrischen Element versehen und für die automatische Staubreinigung zuständig. Direkt darunter ist der eigentliche UV/IR Sperrfilter verbaut. Wie schon bei der X-H1, X-T3 und X-T4 ist dieser Sperrfilter leider so ungünstig in dem kleinen Plastikrahmen verklebt, dass der komplette Filterstack getauscht werden muss. Es geht durch den Umbau bei diesem Modell also die Staubreinigungsfunktion der Kamera verloren. Bevor der neue Filter eingesetzt wird, können wir aber noch einen Blick direkt auf den neuen X-Trans 5 Sensor werfen. Zugegeben ist das ziemlich unspektakulär, die Pixel sind eben doch sehr klein…
Und so sieht der fertige Sensor dann aus, nachdem das neue Vollspektrum Filterglas plus Dichtung in der Kamera installiert sind. Zum Vergleich daneben der ausgebaute originale Filterstack. Der Sensor ist jetzt für den kompletten Spektralbereich von UV über den sichtbaren Bereich bis hinein in den Infrarot Bereich empfindlich (vorsichtig geschätzt 340 nm bis 1.200 nm). Durch die gezielte Wahl von Sperrfiltern am Objektiv kann jetzt in allen beliebigen Bereiche des Spektrums fotografiert werden.
Natürlich muss nun alles wieder zusammen gebaut werden. Da es im groben und ganzen der selbe Prozess wie beim Zerlegen ist, erspare ich dem Leser das an dieser Stelle. Statt dessen springen wir gleich zu den Infrarot Testaufnahmen. Last but not least hat sich die Kamera nach dem Zusammensetzten aber noch ihren Ritterschlag verdient: Ein frischer IR Logo Aufkleber ziert nun stolz die Front des Gehäuses.
Interne Infrarot LED
Der erste und vielleicht wichtigste Test betrifft die Restlicht- und Astrotauglichkeit der Kamera. Einige moderne Kameras haben intern eine Infrarot LED verbaut. Streulicht dieser LED kann bei schlechten Lichtverhältnissen auf Infrarot Bildern sichtbar werden. Eine Testaufnahme der umgebauten X-H2 zeigt zum Glück, dass die Kamera keine interne LED besitzt. Das Bild ist nach 30 s bei ISO 51.200 komplett schwarz (abgesehen von dem zu erwartenden Rauschen). Das qualifiziert die X-H2 nicht nur für den Umbau zu einer Infrarot Kamera sondern auch für eine Astromodifikation um die H-Alpha Strahlung komplett zu erfassen.
Sensor Linien
Einige moderne Sensoren können feine, meist horizontale Linien in den Bildern zeigen. Schuld sind hier vermutlich PDAF Pixel (“AF Pixel”) auf dem Sensor. Diese treten vermehrt mit starken IR Filtern und bei sehr kontrastreichen Bearbeitungen auf. Wie schlägt sich die X-H2 mit einem 830 nm Infrarot Filter? Bei einer übertrieben kontrastreichen Bearbeitung sind bei 100 % Ansicht keine Linien oder andere Artefakte sichtbar (abgesehen vom Rauschen natürlich, induziert durch die kontrastreiche Bearbeitung). Der neue Sensor ist eine klare Empfehlung und kann uneingeschränkt benutzt werden.
Infrarot Weißabgleich
Leider teilt die X-H2 das gleiche Schicksal wie alle X-Trans Kameras. Der manuelle Weißabgleich wird immer und anstandslos gesetzt, aber der zur Verfügung stehend Bereich ist nicht ganz ausreichend. Das Beispielbild wurden mit einem 630 nm Filter aufgenommen, der Weißabgleich vorher auf eine WhiteCard gesetzt. Leider bleibt kameraintern ein warmer Magenta Farbstich zurück der am PC korrigiert werden muss. Fujifilm kann das eigentlich, mit den Bayer Sensor Kameras (X-A Serie und X-Txxx) funktioniert das anstandslos. Die X-H2 scheint zwar ein kleines bisschen besser zu arbeiten als z.B. die X-T3, aber ganz wird man den Farbstich hier nicht los.
Für den unwahrscheinlichen Fall, dass ein Fujifilm Firmware Designer das hier liest: Bitte erweitert die Grenzen in beiden Farbachsen, in denen der manuelle Weißabgleich gesetzt werden kann. Ein kleines bisschen weiter gefasst und der Kamera interne Weißabgleich wird auch für Infrarot funktionieren. Solch eine Änderung kann in meinen Augen in einem zukünftigen Firmware Update verteilt werden und sollte weder jemandem schaden, noch zu viel Arbeit bei der Programmierung verursachen.
Infrarot Auflösung
Zugegeben, der Sprung von 26 MP der X-T4 auf 40 MP klingt erst einmal extrem viel (und das Marketing der Firmen macht uns das auch glauben). Tatsächlich steigt die Pixelzahl aber im Quadrat zur Auflösung, der neue Sensor hat also “nur” eine 24 % höhere Auflösung im Vergleich zum X-Trans 4 Sensor der letzten Generation. Mit anderen Worten, auf alle 4 Bildpunkte der X-T4 ist nun ein 5. Bildpunkt hinzu gekommen. Vor diesem Hintergrund ist die X-H2 kein Pixelmonster von einem anderen Stern, wohl aber eine willkommene Weiterentwicklung eines bewährten Sensors.
Die erhöhte Auflösung kommt uns auch in der Infrarot Fotografie zugute. Jedenfalls solange das Objektiv gut abbildet und die Schärfe mitspielt. Generell zeichnen die Objektive in IR etwas weicher und man verliert mit vielen Objektiven ein paar Details. Das hängt von der Optik ab und Pauschalisieren ist hier schwierig. Was aber pauschal gesagt werden kann: Ein vermehrtes Abblenden sollte gerade mit der X-H2 vermieden werden. Die langwelligere Infrarot Strahlung ist eher von Beugungsunschärfe betroffen – und das merkt man natürlich an einem hochaufgelösten Sensor viel eher.
Hier der Vergleich 26 MP vs 40 MP unter optimalen Bedingungen mit jeweils 100 % Crop:
Infrarot Fotografie mit der X-H2
Die Farben, welche die Kamera mit diversen Infrarot Filtern liefert, sind gewohnt gut und es gibt keine Probleme oder Auffälligkeiten zu den bekannten X-Trans Sensoren. Sobald der Weißabgleich in der Software richtig gesetzt wurde, macht die Kamera einfach nur Spaß.
Das Rauschverhalten und die Dynamik des Sensors sind erwartungsgemäß super – die Bilder fallen auch bei starkem Kontrastumfang im Infrarot nicht auseinander. Die Sensor Performance ist auf Augenhöhe mit praktisch allen modernen Sensoren – hier wurde gefühlt schon vor ein paar Jahren ein Plateau erreicht und man könnte fast das Gefühl bekommen, dass die CMOS Technik ausgereift ist.
Zusammenfassung
Die Fujifilm X-H2 ist eine komplex aufgebaute Kamera, die mit bemerkenswerten Kennwerten aufwartet und eine großartige Bildqualität liefert. Die Konstruktion und das Design der Kamera sind solide, kompromisslos und auf das Ableiten von Hitze optimiert. Entsprechend kann die Kamera sehr lange mit schnellen Bildfolgen fotografieren oder aber in 8K Videoaufnahmen erstellen. Die Auflösung von 40 MP ist ein willkommenes Update zu den bestehenden Sensoren und liefert auch in Infrarot mehr Details als die Vorgänger.
Die Frage bleibt natürlich, ob man dieses Mehr an Auflösung wirklich benötigt. Wie auch in der “normalen” Fotografie muss man sagen: “Kommt drauf an”. Auch mit den 26 MP Sensoren kann man großartige Infrarot Bilder aufnehmen und diese in toller Qualität drucken. Vor ein paar Jahren habe ich eine 10 MP Infrarot Aufnahme einer alten Pentax auf eine 1 Meter große Leinwand gedruckt. Trotz anfänglicher Bedenken sieht das Ergebnis absolut großartig aus und man vermisst bei einem normalen Betrachtungsabstand keine Details. Es muss also nicht immer das neueste und beste sein, aber es macht natürlich trotzdem Spaß damit zu arbeiten. Die X-H2 und X-H2s sind ab sofort im Shop für einen Infrarot-, Vollspektrum- oder Astro Umbau auswählbar.